„Briefe aus Berlin“ (Nr. 22 und 23) von Ernst-Christian Gädtke

Die „Briefe aus Berlin“ von Ernst-Christian Gädtke erscheinen in den „Mitteilungen“ der Fontane Gesellschaft und werden auf der Website ebenfalls zugänglich gemacht.

Brief aus Berlin (22)

„Die Wohnung befand sich in der Burgstraße 18“
Suche nach einer verschwundenen Straße

Von Ernst-Christian Gädtke

1828 waren Onkel August und Tante Philippine in ein reizendes, kleines Haus gezogen: Burgstraße 18. Der Schüler Th. F. wohnte hier von 1833 bis 1835. „An Sommerabenden“, schreibt er, „lagen wir hier am Fenster und sahen die Spree hinauf und hinunter. Es war mitunter ganz feenhaft … In dem leisen Abendnebel stieg nach links hin das Bild des Großen Kurfürsten auf und dahinter das Schleusenwerk des Mühlendamms, gegenüber aber lag das Schloß mit seinem ‚Grünen Hut’ … während in der Spree sich zahllose Lichter spiegelten.“ 1

Ein fontanischer Ort also, die Burgstraße 18. Suchen werden wir ihn vergeblich. Das ‚reizende, kleine Haus’ ist seit 150 Jahren verschwunden, seine Nachfolgebauten inzwischen auch – es steht kein Haus mehr an der Stelle – und keine Burgstraße führt dran vorbei.

„Das ist Berlin.“, so Durs Grünbein. „Schau irgendwo aus dem Fenster, und du siehst Geschichte.“ 2 Was sähe er hier, gäbe es denn ein Fenster? Eine Leere, an deren Rand ein seltsam futuristisches Gebilde steht: die Humboldt-Box. Kein Schloss, kein ‚Grüner Hut’, kein Palast der Republik – nur die Spree plätschert immer noch vorbei. Dort wo das Haus mit der Nr. 18 einst stand, kann sich der Tourist nun an einem Pavillon eine Fahrkarte für eine Rundfahrt auf der Spree kaufen und an der Anlegestelle auch gleich aufs Boot steigen.

Der Große Kurfürst, das bronzene Reiterstandbild Schlüters, hat die Lange Brücke (Kurfürstenbrücke, Rathausbrücke) längst verlassen. Gegen Ende des Krieges wurde es vorsorglich auf einen Spreekahn verladen, zum Tegeler See gebracht, ging dort mit dem Kahn unter, wurde geborgen und ist seit 1952 im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg zu betrachten.

Das ‚Schleusenwerk am Mühlendamm’ wäre allerdings noch zu sehen – nur hat der junge Th.F. es damals gar nicht sehen können. Denn eine Mühlendammschleuse gab es erst am Ende des 19. Jh. Sie wurde zwischen 1888 und 1893 errichtet. Was der Schüler Th.F. gesehen haben könnte, waren die Wassermühlen, die dort standen – auf dem Mühlendamm eben. 1838 brannten die in einem Großfeuer zwar ab, wurden dann aber zwischen 1846 und 1850 neu errichtet. Nach Plänen von Ludwig Persius entstand ein mächtiges Gebäude (Stahlskelett und Ziegelmauerwerk, der größeren Feuersicherheit wegen). Ein ansehnliches Gebäude, Ludwig Rellstab nannte es ‚Normannenburg’. 1937 wurde es abgerissen.

Wir sind am Mühlendamm und suchen die Burgstraße, denn hier hatte sie ihr südliches Ende, mit der Hausnummer 1 eigentlich ihren Anfang. Wir finden ein Straßenstück, das ‚Spreeufer’ heißt, bis zur Langen Brücke/Rathausbrücke reicht und zum Nikolaiviertel gehört. An der Ecke -früher Burgstraße/Königstraße, heute Spreeufer/Rathausstraße – stand Nr. 11, ein prächtiges dreistöckiges Gebäude, sieben Fensterachsen zur Spree, vier zur Königstraße: die ‚alte Post’. Als ‚Wartenbergsches Palais’ war es 1701-1704 von Andreas Schlüter errichtet worden. 1889 wurde es abgerissen.

Das Gebäude Nr. 12 finden wir nur in der Literatur. Da gibt es nämlich noch so einen Fenstergucker: den alten Bernd v. Vitzewitz. Am 1. Januar 1813 lässt ihn Fontane hier absteigen, „… in der Burgstraße … in dem dazumal angesehenen Gasthofe ‚zum König von Portugal’ 3. Ans Fenster tretend und über den Fluss hin auf die Giebel des Schlosses blickend, sagt er: „Das kann nicht über Nacht verschwinden …“ 4

Den Gasthof gab es seit 1699. Wir wissen von einem berühmten Gast, der 1744 hier logierte: Barberina Campanini, gefeierte Tänzerin an der Königlichen Oper. Friedrich II. hatte sie für 12.000 Taler aus Venedig abgeworben. Sie bezog dann ein Palais in der Wilhelmstraße, das ihr der König zur Verfügung stellte. Später sollte das Auswärtige Amt in diesem Palais seinen Sitz haben.

Einen nicht weniger charmanten Gast stellt uns Lessing vor: Minna von Barnhelm. Bei ihm allerdings heißt der Gasthof ‚König von Spanien’. Damals muss das hier eine recht belebte Ecke gewesen sein, denn Minna klagt: „Wer kann in den verzweifelt großen Städten schlafen? Die Karossen, die Nachtwächter, die Trommler, die Katzen, die Korporals – das hört nicht auf zu rasseln, zu schrein, zu wirbeln, zu miauen, zu fluchen …“

Wilhelm Hauff logiert 1826 im ‚König …’. Er siedelt die Personen seiner Novelle Fiametti im Hause an: Die Sängerin F. und den Kapellmeister Bologno.

Im gleichen Jahr steigt Grillparzer im ‚König …’ ab. Fritz Reuter lässt 1832 seine mecklenburgischen Bauern in De Reis’ nach Bellingen gar nicht erst ins Haus gelangen. Der Hotelportier „in den Borgstrat“ jagt sie mit Beschimpfungen davon. Sie halten ihn aber für den ‚König von Portulak’: „De Kron de hadd hei hütt nich uo, vermautlich, wil s’em was tau swer …“ In Nr. 17, in direkter Nachbarschaft zu ‚Onkel August’, hatte Andreas Schlüter ein Gartenhaus gehabt. Nr. 21/22 war das Joachimsthalsche Gymnasium. Nr. 25 war das Palais, das der Bankier Daniel Itzig 1762 erworben hatte. Auf diesem und dem Nachbargrundstück Nr. 26 errichtete die ‚Korporation der Kaufmannschaft’ 1856 die Berliner Börse. Architekt war Friedrich Hitzig, ein Urenkel des Daniel Itzig. Friedrich Hitzig war seit 1875 Präsident der Akademie der Künste, und der hatte 1876, wenn auch nur für kurze Zeit, einen Sekretär: Theodor Fontane.

Und nicht zu vergessen: in Nr. 29, fast schon am nördlichen Ende der Burgstraße, wurde am 20. Juli 1849 Max Liebermann geboren.

Nichts, gar nichts erinnert mehr an die Geschichte der Burgstraße. Und von ihr ist nur noch ein Stummelstück geblieben, das den Namen trägt: keine 500 Meter lang, vom S-Bahn-Viadukt bis zur Ecke Neue Friedrichstraße/Louisa-Karsch-Straße.

Die historische Burgstraße war um 1680 durch Festigung und Aufschüttung des Spreeufers angelegt und mit repräsentativen Wohnhäusern bebaut worden. Sie begann mit der Nr. 1 am Mühlendamm und traf mit der Nr. 30 in der Nähe des heutigen S-Bahnhofs Hackescher Markt auf die mittelalterliche Stadtmauer bzw. auf eine Bastion der barocken Festungsanlage mit einem Pulverturm. Der flog 1720 mit lautem Getöse in die Luft. Feuerwerk also an beiden Enden der Burgstraße: 1720 der Pulverturm, 1838 die Mühlen am Mühlendamm.

Nicht nur deshalb: keine gewöhnliche Straße!

1 Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig, NFA, München 1967, S. 106
2 Grünbein, Durs: Winter in Berlin, Die Zeit Nr. 10, 3.3.2011
3 Fontane, Theodor: Vor dem Sturm, HFA, München 1971, 3. Bd., 1. Kap., S. 301f.
4 Fontane, Theodor: ebd., S. 302

 

Brief
aus Berlin (23)

„Erbarme dich des langen Jammers!“
K.W. Ramler um 1760
Durch die Spandauer Straße

Von Ernst-Christian Gädtke

„Ostern 1836 war ich in die Rosesche Apotheken – Spandauer Straße, nahe der Garnisonkirche – eingetreten.“ 1 Das Haus mit der Roseschen Apotheke, damals Hausnummer 77, hatte ein Turmzimmer, und von dem aus konnte der ‚junge Herr’, wenn er nicht gerade mit der Herstellung von Queckenextrakt beschäftigt war oder Eintrittskarten für ein Garnisonkirchenkonzert verkaufte, „durch eine aufzuklappende Lukentür höher hinaufsteigen und hatte von einer umgitterten Plattform aus einen wundervollen Überblick über Alt-Berlin.“ 2

Heute könnte man sich per Fahrstuhl 210 Meter hoch in die Aussichtskuppel des Fernsehturms hinauffahren lassen und sähe: „Die Stadt da unten wird immer moderner und schicker,“ so Christiane Aue, die Geschäftsführerin des Wahrzeichens. 3

Die Spandauer Straße ist einer der ältesten Straßenzüge Berlins, sie führte vom Molkenmarkt vorbei am alten Berliner Rathaus mit der Gerichtslaube zum Spandauer Tor. Einen Molkenmarkt gibt es noch, nur ist der schon seit langem kein Marktplatz mehr, sondern ein Parkplatz, an dem vorbei der Verkehr der Bundesstraße 1 – hier benannt Mühlendamm und Gruner Straße – rauscht, fließt, tobt.

Auf der westlichen Straßenseite ist ein freundlich anmutendes Antiquariat und in den Gebäuden des Nicolai-Viertels ein ‚Kosmetik-Institut’ und der ‚Nicolai-Coiffeur’. Hier soll, wo genau?, am 19. Mai 1771 Rahel Levin geboren worden sein. Heute findet sich dort ein ‚Single-Treff’, dann aber immerhin eine ‚Manufaktur-Galerie’, in der u. a. schöne Porzellane von KPM und Meißen feilgeboten werden.

Die gegenüberliegende Straßenseite ist öde: ein Parkplatz und die Westfassade des ‚Roten Rathauses’ (von Waesemann, 1859-1869). Das ‚Rathaus-Café’ an der Ecke Rathausstraße ist geschlossen. Hier wird intensiv gebuddelt: Bau der U-Bahnlinie 5 vom Hauptbahnhof zum Alexanderplatz. Trostlos das, was vor langer Zeit als ‚Marx-Engels-Forum’ gedacht war, was aber nie über das Stadium einer mäßig gepflegten
Grünanlage gediehen war.

Bauplatz und Buddelei überall. Wer weiß, was daraus werden wird? „Mißtraut den Grünanlagen.“ 4 Heinz Knobloch hatte es vor einem Vierteljahrhundert geschrieben. Zu leicht gerate in Vergessenheit, was sich unter dem wohlgemeinten Grün verberge. Hier verbirgt sich zu beiden Seiten das, was der junge Fontane hatte sehen können, was ihm ein ‚wundervoller Überblick über Alt-Berlin’ gewesen war.

Nichts davon ist mehr zu sehen: Grünanlagen hin zum Fernsehturm, davor der ‚Neptun-Brunnen’ – aber der gehört eigentlich woanders hin. Übriggeblieben, wie verschmäht in einer Ecke: die Marienkirche von 1270.

Die Karl-Liebknecht-Straße, die wir überqueren, ist eine Verlängerung der Straße Unter den Linden, sie führt dicht an der Marienkirche vorbei. Einst hieß sie Kaiser-Wilhelm-Straße, und der Durchbruch dieser Straße durch das Häuser- und Gassengewirr Alt-Berlins markiert das Ende des mittelalterlichen Stadtkerns – das geschah 1888. Julius Rodenberg hat den Prozess der Umwandlung damals beobachtet und in seinen Bilder(n) aus dem Berliner Leben 5 beschrieben. „Wir befinden uns“, so schrieb er damals, „in einem Übergangsstadium. Straßen, Häuser, Menschen, und von dem Alten wird bald wenig genug mehr zu sehen sein.“ 6 Hundert Jahre später können wir bei Heinz Knobloch lesen: „Manchmal stoße ich morgens, wenn ich frühstückend Zeitung lese, auf Meldungen, die vollzogene Straßenumbenennungen mitteilen. … Ich will nur sagen, es ist nicht sicher, ob die Spandauer Straße immer so heißen wird wie sie zu Zeiten von Moses Mendelssohn, der dort unter der Hausnummer 68 zu erreichen war. In der Spandauer Straße ist ein einziges Haus übrig, an dem Mendelssohn vorbeigegangen ist. Nicht immer ist der Krieg schuld.“ 7 Nun: die Spandauer Straße heißt immer noch so. Aber was für eine Straße ist sie?

An der Kreuzung mit der Karl-Liebknecht-Straße blicken wir nach rechts zur Marienkirche hin. „Hier, hinter einer Grünanlage mit einigen Bäumen, hier muß das Haus gestanden haben, in dem nacheinander Ramler, Lessing, Mylius, Nicolai und schließlich Mendelssohn gelebt haben.“ Hausnummer 68. 1762 war Mendelssohn nach seiner Heirat hier eingezogen, hier hatte er mit seiner Familie als Mieter gewohnt. Frommet, seine Witwe, hatte das Haus nach seinem Tode 1786 gekauft, für 5.000 Taler. 8 Rodenberg hat das kleine Haus im November 1885 noch gesehen, ehe es, Opfer des Straßendurchbruchs der Kaiser-Wilhelm-Straße, abgerissen wurde.

Nichts erinnert heute an die, die einstmals hier lebten und wirkten. Stattdessen: Banales auf beiden Straßenseiten. Drüben ein vielgeschossiges Wohnhaus – ich zählte ein Dutzend Geschosse: ein Wohnblock, ein Trumm. Unten eine Ladenzeile: Nordsee-Filiale, Cocktail-Schuppen ‚Palm-Beach’, ‚Little-John-Bikes’ – aber die sind gerade ausgezogen.

Und auf unserer Straßenseite? Da nimmt das ‚City-Quartier’ den ganzen Block ein. Am Eingang zum ‚Dom-Aquaree’ können wir für 29,95 EUR eine Jahreskarte zum Besuch des ‚Sealife-Aquariums’ erstehen und uns an der Betrachtung von ‚über 1.500 Fischen’ erfreuen. Ein paar Schritte weiter sind es auf einem anderen Plakat 2.000 Fische – aber wer kommt mit dem Zählen mit, wenn die Fische alle munter durcheinander schwimmen? Da lassen wir uns lieber an einem Imbiss nieder, der den feinen Namen ‚Happy Noodles’ führt.

Gegenüber vom Nudel-Imbiss muss die Einmündung der Heidereutergasse gewesen sein – dort stand die Rosesche Apotheke. Auf unserer Seite an der Einmündung der St.-Wolfgang-Straße ein kleiner, baumbestandener Platz: dann stehen wir vor dem Haus, das als einziges übriggeblieben ist: die Heiliggeistkapelle. Sie alle sind hier vorbeigegangen: Ramler, Lessing, Nicolai, Mendelssohn. Und der junge Fontane hat sie sehen können, wenn er aus der Tür der Apotheke trat. Das Heiliggeistspital, zu dem die Kapelle gehörte, ist 1272 erstmals erwähnt worden, der gegliederte gotische Ostgiebel der Kapelle ist seit 1313 bekannt. Das Spital wurde zu großen Teilen zerstört, als 1720 der Pulverturm der Stadtbefestigung in die Luft flog – wir erwähnten das Spektakel im Brief 22. Die Kapelle blieb damals erhalten: bis 1905 wurde sie für Gottesdienste genutzt. Danach wurde sie in den Neubau der Handelshochschule einbezogen, heute Teil der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität. Sie dient als Hörsaal, Festsaal oder Mensa. „Wir wollen dankbar und froh sein, daß dieser Bau nicht in eine Erlebnisgaststätte verwandelt worden ist. Das kommt vielleicht noch, wer kann es wissen …“, so Heinz Knobloch 1987. 9

An der Kreuzung zur Anna-Louisa-Karsch-Straße (früher Neue-Friedrich-Straße) stehen wir dem Eckhaus (Nr. 9) gegenüber, wohl dem ehemaligen Predigerhaus der
Garnisonkirche. Fontane hat es mit Sicherheit gesehen, womöglich gekannt. Über dem Eingang lesen wir auf einer Gedenktafel: „Dr. Emil Frommel, 1828-1896, Volksschriftsteller“. Einen Emil Frommel hatte Fontane ja gekannt, aber einen Volksschriftsteller dieses Namens? Der fontaesche Frommel war doch Prediger an der Garnisonkirche, Hofprediger sogar. Dieser Frommel wird nicht nur in einigen Briefen Fontanes erwähnt, er erscheint auch im Kapitel 33 des Stechlin. Armgard besteht darauf, dass ihre Trauung von „ihrem treuen Frommel“ vorgenommen wird und in der Garnisonkirche, obwohl diese „bloß ein großer Schuppen ist“.10 Bei der Hochzeitstafel sind Frommel und Dubslav Tischnachbarn, und es kommt zu einer „intimen Privatunterhaltung“ über moderne Hotels, ihre seltsamen Namen und über den alten Kaiser Wilhelm, „den letzten Menschen, der noch ein wirklicher Mensch war. Jetzt hat man statt der wirklichen Menschen den sogenannten Übermenschen; eigentlich gibt es aber bloß noch Untermenschen. Ich habe von solchen Leuten gelesen und auch welche gesehen. Ein Glück, daß es nach meiner Wahrnehmung immer entschieden komische Figuren sind, sonst könnte man verzweifeln“, so der alte Dubslav. 11

Von der Garnisonkirche, auf die die Spandauer Straße zulief, an der Fromel predigte, in der Armgard und Woldemar getraut wurden, ist nichts geblieben als der Name des Platzes – und auf dem findet bei gutem Wetter Gastronomie statt. Gastronomie in allen möglichen Formen bis hin zu den ‚Happy Noodles’, das ist es wohl, was Menschen von heute anzieht. Ramler nannte die Spandauer Straße einst „Straße der Freunde“, denn wer hier spazierte, traf auf Schritt und Tritt Freunde und Bekannte. Wen träfe er heute? Und, ist das überhaupt noch eine städtische Straße, in der urbanes Leben stattfindet? Heute ist die Spandauer Straße eine Straße ohne Gesicht. Für die Technokraten in den Straßenbauämtern ist es nichts als eine ‚Verkehrsspange’. Sie wissen, es gibt Ordensspangen, auch Zahnspangen … „Erbarme dich des langen Jammers.“ Nur hatte Ramler damals keine Straße gemeint.

Mit diesem Brief aus Berlin verabschiedet sich der Korrespondent als Briefschreiber, nicht ohne auf eine Korrektur hinzuweisen:

Im ‚Brief Nr. 20’ (Mitteilungen Nr. 39) berichteten wir über die Restaurierung des Friedhofs der Französischen Gemeinde und erwähnten: „… zu beiden Seiten der Mittelallee sind junge Maulbeerbäume gepflanzt worden“!

Es sind Linden.

1 Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig, NFA, München 1967, S. 9
2 Fontane, Theodor: a.a.O., S. 16
3 Aue, Christina: In: Der Tagesspiegel v. 28.3.2012
4 Knobloch, Heinz: Herr Moses in Berlin, Berlin 1987, S. 7
5 Rodenberg, Julius: Bilder aus dem Berliner Leben, Berlin 1987 ( Nachdruck), S. 187 ff.
6 Rodenberg: a.a.O., S. 161
7 Knobloch, Heinz: Herr Moses, a.a.O., S. 17
8 Ders.: Herr Moses, a.a.O., S. 147
9 Ders.: Herr Moses, a.a.O., S. 176
10 Fontane, Theodor: Der Stechlin, Kap. 33 HFA, München 1980, S. 290
11 Ders.: Der Stechlin a.a.O., S. 293

 

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